Die Synagoge Laufersweiler als Denkmal

 

Rheinland-Pfalz besitzt eine der bedeutendsten Kulturlandschaften Europas: das 2002 von der UNESCO in die Welterbeliste aufgenomme Obere Mittelrheintal. Als Erstes denkt man an die  romantischen Mittelrheinburgen, die vom Weinanbau geprägte Flusslandschaft, historische Ortskerne, Kirchen und andere Denkmäler. (Vgl. Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Förderprojekte in Rheinland-Pfalz, Bonn 2009). Vergessen wird dabei oft, dass gerade die Orte im Mittelrheintal eine lange jüdische Tradition bewahren.

"Die Synagoge darf weder zerstört, abgerissen, zerlegt, beseitigt oder in seinem Bestand verändert werden".

Die drei wichtigsten mittelalterlichen Gelehrtenzentren des Judentums Speyer, Worms und Mainz, die sogenannten "Schum-Städte", haben ebenfalls den Antrag gestellt, in dieses Welterbe aufgenommen zu werden. Es spricht viel dafür, dass die mit den römischen Heeren in unsere Region gelangten jüdischen Händler auch den Weinanbau an Rhein und Mosel einführten. Frühe Belege für jüdische Ansiedlungen finden wir in Boppard (1074), Oberwesel (1241), St. Goar (1330),  Kirchberg (1303) und Rheinböllen (14. Jh.). Natürlich gab es enge Verbindungen dieser Orte im Rhein-Mosel-Hunsrück-Raum mit den Zentren des Judentums in den BIschofsstädten Mainz, Worms und Speyer.

Während die Mehrzahl der Juden im Mittelalter in den Städten lebten, änderte sich dies nach den hochmittelalterlichen Pogromen und Ausweisungen (z.B. Spanien, Portugal, Frankreich), Verfolgungen und Fluchtbewegungen nach Osteuropa. Für unsere Region sind im 17. Jahrhundert Juden wieder nachweisbar, die sich als sog. Schutzschuden niederließen. Damit begann die Epoche des Landjudentums, die bis zu Beginn des 20. Jahrhunderts anhielt. Um 1800 lebten 90% der Juden auf dem Lande, mit der Landflucht während der Industriellen Revolution und der zunehmenden Assimilation und Emanzipation änderte sich auch die Struktur der jüdischen Gemeinden. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts zogen viele in Klein- oder Großstädte oder wanderten aus.

Die Barbarei des Nationalsozialismus setzte dem Landjudentum ein Ende, nur vereinzelt leben jüdische Deutsche heute in Dörfern und Kleinstädten zwischen Rhein und Mosel. Sie fühlen sich den Gemeinden  in Koblenz oder Bad Kreuznach verbunden. Die nach Ende des Kalten Krieges nach Deutschland gelangten Juden aus den GUS-Staaten lebten zeitweise in einem "Übergangswohnheim" in Boppard, ehe sie sich dann in die Großstädte orientierten. Die auf dem Flugplatz Hahn gegründete jüdisch-amerikanische Gemeinde löste sich mit dem Abzug der Amerikaner zu Beginn der 1990er Jahre auf.

Mit der Ermordung oder Flucht der Menschen zwischen 1933 und 1945 sollten auch die materiellen Hinterlassenschaften der jüdischen Gemeinden restlos beseitigt und damit die jüdisch-deutsche Geschichte ausgelöscht werden: Eigentum ging in "arische" Hände über, Grabsteine und Friedhöfe wurden mit behördlicher Genehmigung "abgeräumt" oder für andere Zwecke missbraucht,  Synagogen wurden noch lange nach dem Kriege abgerissen oder umgenutzt.

Geblieben sind die wenigen Synagogen, die Friedhöfe, vereinzelte Mikwen (rituelle Tauchbäder), ehemalige Wohnhäuser und jüdische Schulen.

Die 1911 erbaute Synagoge Laufersweiler (Erster Plan, Quelle: Ayelet Drach-Mayer, Israel: plan1.pdf) entging diesem Schicksal in der Reichspogromnacht 1938, da Anwohner fürchteten, ihre Häuser würden in Flammen aufgehen. Nach der Deportation der jüdischen Bevölkerung ließ man das Gebäude erst einmal leerstehen, dann nutzte man nach dem Einzug einer Zwischendecke das Gebäude als Wäscherei, Kühlraum, Schulsaal und Versammlungsraum. Nachdem diese Funktionen nicht mehr benötigt wurden, kam nach kontroverser Diskussion der Gemeinderat zu dem Entschluss, die Synagoge als Denkmal zu erhalten, sie unter Schutz stellen zu lassen und so die Brücke wieder zur Vergangenheit zu schlagen.

Am 25.4.1985 erfolgte die Unterschutzstellung, Zitate aus dem Bescheid der Kreisverwaltung:

"Das Gebäude wird in das "Denkmalbuch" eingetragen und darf weder zerstört, abgerissen, zerlegt, beseitigt oder in seinem Bestand verändert werden".

Die ehemalige Synagoge ist ...ein Kulturdenkmal aus vergangener Zeit , an dessen Erhaltung und Pflege aus wissenschaftlichen und städtebaulichen Gründen sowie zur Förderung des geschichtlichen Bewusstseins und der Heimatverbundenheit...ein öffentliches Interesse besteht."

Vollständiger Text des Denkmalschutzgesetzes für Rheinland-Pfalz (1978): 080106_Denkmalschutzgesetz_RLP.pdf

Begründung für die Unterschutzstellung:

"Von der älteren, im 19. Jahrhundert aufgegebenen Synagoge stehen noch unbedeutende Reste des massiven Erdgeschosses.

Die jüngere Synagoge von Laufersweiler entstand 1911 nach den Entwürfen von Nikolaus Elz, Hirschfeld.

Das beachtliche Gebäude verdankt seiner Errichtung dem Umstand, dass bis 1930 etwa 25 jüdische Familien mit 90 Personen in Laufersweiler ansässig waren.

Der zweigeschossige Massivbau erhebt sich über annähernd quadratischem Grundriss von drei zu drei Fensterachsen. Abgesehen vom Sockel aus gebrochenen Sandsteinquadern, handelt es sich um einen Putzbau, der von einem Satteldach abgeschlossen wird.

Zur Kirchgasse hin ist er traufseitig orientiert. In der westlichen Giebelfront befindet sich der Haupteingang, der über eine Treppenanlage erreicht werden kann. Der ehemalige Rundbogenabschluss über dem Portal sowie die ehemals seitlich von der Tür liegenden segmentbogenförmig geschlossenen Fenster sind 1952 mit Ziegeln vermauert worden. Auf ähnliche Weise wurden sowohl die hohen kreisförmig geschlossenen Fenster des Obergeschosses sowie auch das kleinere Fenster im Giebelfeld in der Achse des Eingangs behandelt.

Am Ostgiebel befindet sich der fünfseitig geschlossene Aron, in dem die Thorarollen aufbewahrt wurden. Jeweils seitlich von diesem Bauglied sind große Rundbogenfenster und im Giebelfeld ist ein rundes Ochsenauge (gegenwärtig vermauert). Zwischen den Fenstern der Längsfronten befinden sich Lisenen, die wie gotische Strebepfeiler behandelt sind und in der Kämpferzone der obenliegenden Fenster einen Giebelabschluss tragen. Die Ecken des Bauwerkes sind mit Lisenen betont, die über das profilierte Traufgesims hinausragen. Die wesentlichen [ Schreibfehler: westlichen, die Red.] haben steinerne Aufsätze in Schweifhaubenform über einem kassetierten achteckigen Block. Am Ostgiebel sind diese Bauformen sparsamer und besitzen eine quadratische Abdeckung mit einer Kugel.

Weitere Zierelemente befinden sich am Eingangsportal des seitlichen Pfostens, die Flachreliefs mit kauernden Löwen zeigen. Ein Gesimsband über dem Portal, über dem Tympanon giebelförmig erhöht, gliedert hier die Fassade."

(Bescheid der Kreisverwaltung vom 25.4.1985)