Karen Ochs-Amsterdam (mit Regenschirm) besuchte 2023 mit ihrem aus Chile stammenden Ehemann den Geburtsort ihrer „Omi Helene“. Sie versuchte bei ihrem Streifzug durch Gemünden mit Hilfe ihrer Aufzeichnungen, die sie als 18-jährige nach einem Gespräch mit ihrer Großmutter gemacht hatte, etwas über deren tragische Lebensgeschichte herauszufinden Sie suchte nach dem Wohnhaus ihrer geliebten Oma, nach dem Standort der früheren Synagoge und begab sich schließlich auf den „neuen jüdischen Friedhof“ um auf den Gräbern von Verwandten Steinchen niederzulegen. Sie fand niemanden, der Auskunft über die deutsch-jüdische Geschichte des Ortes und ihrer Vorfahren geben konnte oder wollte. Wieder in Kalifornien, wandte sie sich an den Förderkreis Synagoge Laufersweiler mit seinem Forst-Mayer-Studienzentrum für das Landjudentum. Es begann eine einjährige Recherche und ein enger Mailkontakt, der schließlich mit einem nochmaligen Besuch am 23.5.2024 und im November 2024 mit der Errichtung eines Denkmals an der Stelle der früheren Synagoge vorläufig endete.
Am 2.Februar 2025 war dann die offizielle „Enthüllung“ auf einem Privatgrundstück an der Stelle der früheren Synagoge.
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| Notizen von Karen Ochs-Amsterdam: Die Bewahrung der Familiengeschichte beginnt im Austausch mit Zeitzeugen | Karen Ochs-Amsterdam bei der Einweihung des Denkmals | Auf dem Grundstück der Synagoge erinnern fortan eine Menora und eine Informationstafel mit QR-Code an die jüdische Gemeinde Gemündens |
Der 23.5.2024 geht sicherlich in die Familiengeschichte Ochs und die Geschichte von Gemünden ein: Die Lücken in ihrer Familiengeschichte ließen Karen Ochs-Amsterdam keine Ruhe mehr. Karen ist ein Beispiel, wie sich die familiären Traumata in die nächsten Generationen von Opfern weiter „vererben“: Beim Rundgang kam sie mit dem empathischen Ehepaar Kiessinger ins Gespräch, das vor einigen Jahren das altehrwürdige „Hotel zur Post“ erworben und mustergültig renoviert hat. Beide erzählten von der Geschichte des Hauses und Dokumenten auf dem Dachboden. Sie erklärten sofort ihre Bereitschaft auf dem dazugehörenden früheren Synagogengrundstück ein Denkmal zu erlauben.
Die bisherigen Diskussionen über ein angemessenes Erinnern an die jüdische Vergangenheit waren mehr oder weniger erfolgreich: Im Jahre 2003 errichtete die Gemeinde auf Vorschlag der evangelischen und katholischen Kirchengemeinden am Eingang des neuen jüdischen Friedhofes eine Basalt-Stele mit der Inschrift „Zum Gedenken an unsere ehemaligen jüdischen Mitbürger“[1]. Das Mahnmal, vom Alterkülzer Steinmetz Eckhard Schmökel geschaffen, solle nun ein Ort des „Erinnerns, Trauerns und Mahnens“ sein, so Bürgermeister Hans Otto Braun in seiner bemerkenswerten Rede. Der evangelische Pfarrer Friedhelm Maurer betonte, dass ein solcher Stein vor allem als Mahnung diene, dass sich solches Unheil wie im Dritten Reich nicht wiederholen dürfe.[2]
Überregional bekannt wurde Gemünden durch eine Abstimmung parallel zur Landtagswahl in Rheinland-Pfalz im Jahre 2016 [3]:
Die Geschichte von Karen Ochs-Amsterdams Omi Helene und ihrer beiden Geschwister Herta und Waldemar finden Sie hier.
Mehr über die Angriffe auf die jüdische Gemeinde und die Synagoge in Gemünden zur Zeit des Nationalsozialismus erfahren Sie hier.
[1] Das Wort „Mitbürger“ suggeriert auf vielen Denkmälern eine Gleichberechtigung zwischen Christen und Juden. Das dem nicht so war, hat Dr. Stephanie Schlesier in ihrer umfangreichen vergleichenden Studie dargelegt: Bürger zweiter Klasse? Juden auf dem Land in Preußen, Lothringen und Luxemburg (Köln/Weimar/Wien: Böhlau Verlag 2014). Als preußisches Beispiel dient dabei Gemünden.
[2] Rhein-Hunsrück-Zeitung vom 11.11.2003.
[3] www.alemannia-judaica.de/gemuenden_sim_synagoge.htm.
Ebenso: Rhein-Hunsrück-Zeitung vom 14.3.2016 und Wikipedia: https://de.wikipedia.org/wiki/Gemünden_(Hunsrück)



Im Sommer 2023 besuchte Karen Ochs-Amsterdam aus San Diego (USA) den Geburtsort ihrer "Omi Helene". Sie forschte nach ihren Wurzeln, fand aber niemanden, der ihr etwas über die Häuser, den Standort der Synagoge oder den neuen Friedhof berichten konnte. Sie wandte sich schließlich an den Förderverein der Synagoge Laufersweiler, der ihr mit Hilfe von Doris Wesner, Hans-Werner Johann und unzähligen Archivmaterialien die meisten Fragen zu ihren Vorfahren beantworten konnte. Die tragischen Geschichten der sieben Familien Ochs ließen ihr keine Ruhe: Sie kam noch einmal am 23.5.2024 in die "Perle des Hunsrücks", in der ihre Omi die Zeit bis zu ihrer Heirat (1926) mit dem jüdischen Religionslehrer Moses Amsterdam aus Polen verbracht hatte. Durch Zufall kam die Gruppe mit Heiko Kießinger ins Gespräch, der den früheren "Gasthof zur Post" und das ehemalige Synagogengrundstück wenige Jahre zuvor erworben und anschließend mustergültig renoviert hatte. Frau Ochs-Amsterdam schilderte ihre tragische Familiengeschichte und brachte zum Ausdruck, dass es doch 80 Jahre nach Kriegsende ein Denkmal für die vielen ermordeten Gemündener Juden und Jüdinnen geben müsse. Beim Besuch des außerorts gelegenen jüdischen Friedhofes traf man auf eine 2003 errichtete und nun mit Efeu überwachsene Stele, die an die "jüdischen Mitbürger" erinnern soll. Ein "Volksentscheid" über die Verlegung von Stolpersteinen war 2016 mehrheitlich abgelehnt worden, die Diskussion um ein Denkmal wurde damit vorerst beendet.
a und Heiko Kießinger willigten im Gespräch sofort ein, dass der Förderkreis ein Denkmal inmitten des Dorfes auf dem Synagogengrundstück errichten könne. Das Modell war schnell entworfen, ein Metallbetrieb und Handwerker gefunden und auch Sponsoren, die das Denkmal mitfinanzierten: Die Andarta-Stiftung, Privatpersonen und die Landesarbeitsgemeinschaft der Erinnerungsinitiativen zur NS-Zeit in Rheinland-Pfalz (jetzt der Verein "Erinnern und Gedenken") trugen insgesamt zur Hälfte der Kosten bei. Versuche, die Gemeinde mit ins Boot zu nehmen, schlugen leider fehl. Erst wenige Tage vor Eröffnung des Denkmals meldete die Bürgermeisterin Elke Roos Mitglieder des Gemeinderates für die Eröffnung an. Der Verein "Bürger für Gemünden" war dagegen sofort mit von der Partie und übernahm die Bewirtung am Eröffnungstag 2.2.2025.
Grußworte sprach der aus Gemünden stammende Landrat Volker Boch, der als erster 1995 über die "Juden in Gemünden" recherchiert hatte. Die Antisemitismusbeauftragte Monika Fuhr in Vertretung des Ministerpräsidenten Schweitzer ordnete die Veranstaltung in den größeren landesgeschichtlichen Kontext ein und Avadislav Avadiev als Vorsitzender des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden betonte die Bedeutung des Denkmals für die heute in Rheinland-Pfalz lebende jüdische Gemeinschaft. Dr. Stephanie Schlesier aus Berlin ging in einem Kurzreferat vor allem auf die sozio-ökonomischen Hintergründe der Juden in Gemünden des 19. Jh. ein, der Förderkreis auf die Entstehungsgeschichte des Denkmals und die außergewöhnlichen Aktivitäten der NSDAP im Ort. Die in Gemünden beheimateten MusikerInnen Carsten Braun und Sarah Hickethier sowie die Schülerin Melissa Feiden (IGS Kastellaun) trugen mit ihren gefühlvoll vorgetragenen poppigen sowie jiddischen und jüdischen Liedern maßgeblich zur Einmaligkeit des Nachmittags bei.