Hendrik Hering zu Gast in Laufersweiler - Der Landtagsvorstand auf Gedenkstättenreise

Hendrik Hering zu Gast in Laufersweiler - Der Landtagsvorstand auf Gedenkstättenreise

Der Landtagsvorstand mit Landtagspräsident Hendrik Hering an der Spitze hat im Rahmen einer Gedenkstättenreise am 9. März die ehemalige Synagoge in Laufersweiler besucht. Nach dem Auftakt der Gedenkstättenreisen im März vergangenen Jahres im Raum Bad Ems, Cochem, Bruttig und Treis setzte der Landtag damit seinen Austausch an historischen Orten mit unterschiedlichen Expertinnen und Experten sowie regionalen Projekten in Rheinland-Pfalz fort. „Wir wollen mit den Menschen vor Ort ins Gespräch kommen und gemeinsam herausfinden, wie wir diese Gedenkorte sichtbarer machen können“ erklärte Hering wenige Tage zuvor auf dem Social Media-Kanal des Landtags.

Ortsbürgermeister Rudolf Schneider und Landrat Volker Boch begrüßten die Delegation im Gedenkraum der Synagoge. Christof Pies stellte die Arbeit des Förderkreises vor, durch dessen bürgerschaftliches Engagement seit seiner Gründung vor über 30 Jahren bereits vieles erreicht werden konnte: die Restaurierung des von außen unkenntlich gemachten Gebäudes, die Pflege von Kontakten zu Überlebenden und ihren Familien, die Erforschung von Familienschicksalen, der Aufbau einer Sammlung zahlreicher Dokumente und Objekte, die jüdisches Leben auf dem Land greifbar machen. Pies betonte dabei auch die finanzielle und ideelle Unterstützung der Gemeinde: „Es ist wohl einmalig, dass sich eine Kommune in dieser Weise bei der Erinnerungs- und Gedenkarbeit engagiert.“ Trotzdem erlebe er in der Erinnerungsarbeit immer häufiger, dass es SchülerInnen schwer falle, einen Zugang zur Geschichte zu finden und Empathie mit den Opfern zu zeigen. Positive Erfahrungen habe man jedoch mit dem Erzählen persönlicher Geschichten gemacht, die vor Ort verankert seien, und das Potenzial hätten, die historische Distanz abzubauen.

Rheinland-Pfalz
Laufersweiler Gedenkstaettenreise

Links: Hendrik Hering über den Anlass der Gedenkstattenreise. Foto: Landtag Rheinland-Pfalz, Rechts: Christof Pies begrüßt den Landtagsvorstand im Gedenkraum der ehemaligen Synagoge. Foto: Werner Dupuis

Die MeMo-Studie: Woran erinnern wir uns?

Sowohl Hendrik Hering als auch Christof nahmen in ihrer Begrüßung Bezug auf die erst kürzlich veröffentlichte MeMo-Studie der Stiftung EVZ, mit der seit 2018 erforscht wird, was, wie und wozu BürgerInnen in Deutschland historisch erinnern (zur Memo-Studie). Der Erinnerung an die Zeit des Nationalsozialismus sei von den Befragten primäre Bedeutung beigemessen worden. Bedenklich sei jedoch, dass nachfolgende Generationen ihre Groß- und Urgroßeltern nur selten als TäterInnen oder ProfiteurInnen erinnerten, welche an der Entrechtung und Verfolgung von Menschen im Nationalsozialismus beteiligt gewesen seien. Unverhältnismäßig oft hingegen erinnerten sie ihre Vorfahren als Opfer oder deren HelferInnen. Es handle sich um eine Diskrepanz, die mithilfe einer kritischen Bildungsarbeit unbedingt aufgearbeitet werden müsse, betonte Hering. Auf der positiven Seite habe die Studie bestätigt, dass insbesondere jüngere Befragte Interesse daran äußerten, mehr über den Nationalsozialismus zu erfahren und sich im Verlauf der letzten Jahre zunehmend klarer gegen einen „Schlussstrich“ unter die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit der deutschen NS-Vergangenheit aussprachen.

Laufersweiler Gedenkstaettenreise
Rheinland Pfalz

Links: Carolin Manns präsentiert das pädagogische Konzept des Studienzentrums. Foto: Werner Dupuis, Rechts: Hendrik Hering und Carolin Manns im Gespräch. Foto: Landtag Rheinland-Pfalz

Gedenkstätten sind Lernorte

Deutlich wurde bei dem Austausch, dass die Bedeutung der Bildungsarbeit in Gedenkstätten zunehmend wichtiger wird. Denn mit größerer zeitlicher Distanz erklären sich Erinnerungsorte nicht mehr von selbst, sondern bedürfen der Vermittlungsarbeit. Carolin Manns präsentierte den Anwesenden daher das pädagogische Konzept des Studienzentrums. Sie berichtete, dass im Kontakt mit Schulklassen, aber auch mit Erwachsenen immer wieder auffalle, dass das Judentum überwiegend im Kontext der Shoah wahrgenommen werde. Die ehemalige Synagoge hingegen sei ein Ort, an dem der Reichtum jüdischer Kultur und jüdischen Lebens sichtbar werde. Insbesondere die Situation auf dem Land eigne sich dazu, um ein differenziertes Bild von Jüdinnen und Juden zu vermitteln, die selbstverständlicher Teil der deutschen Kultur waren und sind. Darüber hinaus werde in Laufersweiler sichtbar, dass die Gewaltverbrechen der Nationalsozialisten nicht erst in den Konzentrationslagern ihren Anfang nahmen, sondern Unterdrückung und Verfolgung dort begannen, wo Jüdinnen und Juden zuhause waren. Carolin Manns erläuterte auch, wie die spezifische Geschichte des Ortes in den Projekten des Förderkreises aufgegriffen wird und stellte diverse Ausstellungsprojekte, digitale Angebote sowie die Arbeit mit Geflüchteten vor.

Vernetzung stärken

Im Anschluss an den Besuch in Laufersweiler machte sich die Gruppe auf den Weg nach Niederzissen in der Eifel. 2011 wurde auch hier eine ehemalige Landsynagoge restauriert, die viele Parallelen zu Laufersweiler aufzeigt (zur ehemaligen Synagoge Niederzissen). Gemeinsam mit Richard Keuler, dem Vorsitzenden des Kultur- und Heimatvereins Niederzissen, schnürte der Förderkreis vorab ein kleines „Wunschpaket“, das sie dem Landtagsvorstand mit auf den Weg gaben. Dieses enthielt das Anliegen, den Ausbau einer dezentralen Erinnerungskultur zu fördern. Denn in Ergänzung zu den beiden zentralen Gedenkstätten SS-Sonderlager/KZ Hinzert und KZ Osthofen gebe es zahlreiche weitere, ehrenamtlich geführte Erinnerungsinitiativen mit unterschiedlichsten Arbeitsschwerpunkten. Diese seien nicht nur für Schulen vor Ort einfacher und kostengünstiger zu erreichen, sondern zeigten in ihrer Vielfalt auch die Komplexität der Gesellschaft im NS-Regime auf.

Christof Pies zeigt der Delegation den "Weg der Erinnerung", der von der ehemaligen Synagoge bis zum jüdischen Friedhof führt und an insgesamt 10 Stationen Themen des jüdischen Lebens aufgreift. Unter den ZuhörerInnen (von links): Hendrik Hering, Jutta Blatzheim-Roegler, Astrid Schmitt, Tamara Müller und Monika Fuhr. Foto: Werner Dupuis

Zur Delegation zählten neben Hering auch die Vizepräsidentin des Landtags Astrid Schmitt und die Direktorin Ursula Molka. Darüber hinaus hatten sich der Gedenkstättenreise auch Monika Fuhr, die Beauftragte der Ministerpräsidentin für jüdisches Leben und Antisemitismusfragen, und Franz-Josef Ratter, Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Gedenkstätten und Erinnerungsinitiativen zur NS-Zeit in Rheinland-Pfalz, sowie weitere Landtagsabgeordnete und KommunalpolitikerInnen angeschlossen. Großes Anliegen der Delegation ist die bessere Vernetzung zwischen den verschiedenen AkteurInnen der Gedenkarbeit, um gemeinsam die Erinnerungskultur in Rheinland-Pfalz weiterzuentwickeln und zu stärken.